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title | Hardware Addicts |
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author | Gregor Wildermann |
publication | De:Bug |
date | September 1997 |
issue | 3 |
pages |
"Hardware Addicts" is a 1997 interview by Gregor Wildermann. It originally appeared in De:Bug #03 p. 06 (in German) [1]
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"It's just by default that we do electronic music.Ò Dieser in Ironie getränkte Satz stammt von Mike Sandison, der zusammen mit Marcus Es die achte Platte auf Skam-Records veröffentlichte und damit dieses Label aus Manchester nochmals interessanter machte. Gleich den Mitbetreibern von Autechre, ist das Duo aus Edingburgh eine der Gruppen, die moderne elektronische Musik von der Landkarte Englands nicht verschwinden lassen. Ihr erster Auslandsbesuch führte sie zum Sunflower-Festival bei Regensburg, wo sie in guten Absichten auf die Folgen von schlechtem Wetter trafen und wie viele andere DJs, Liveacts und Raver mit Schlammfüßen zu kämpfen hatten. Mittendrin auch Michael Fakesch und xxxxx, die Boards of Canada für die MASK 1 gewinnen konnten. Das, der Skampler-Sampler und ihr kommendes Album auf eben diesem Label waren Grund genug, wieder einmal die Fragen nach Wohin und Woher zu stellen.....
Mike Sandison: Angefangen haben wir auf der Schule, eigentlich schon in den frühen 80er Jahren, so etwa 1983/84. Ich bin jetzt 26 Jahre alt, Marcus ist 24. Zu der Zeit haben wir unter diversen Namen und mit verschiedenen Musikern gearbeitet und es gab auch Zeiten, da waren wir eine richtige Band mit 4 Musikern und einem Vocalist. Ich selbst war da der Drummer. We are kind of multi-instrumentalists. Irgendwie fanden wir dann heraus, daß wir zu zweit am besten arbeiten konnten und wurden in dieser Phase auch immer elektronischer. Wir benutzten dabei aber sehr roughes Equipment wie z.B.. Ghettoblaster und älteres HiFi-Gear und wir wollten es so gut wie möglich klingen lassen. Selbst als wir uns immer teureres Equipment kauften, wollten wir auch damit diesen roughen Sound entstehen lassen. Wir benutzen es auf eine Weise, wie es andere nicht tun würden. Viele würden High-Tech-Sampler dazu benutzen, sehr cleane und reine Sounds zu machen; wir spielen absichtlich falsche Tonlagen und zerhacken die normalen Strukturen. We deliberatly fuck it about so that it gets really kind of rough. Es gibt ja mittlerweile auch moderne Verfahren, mit denen man etwas so klingen lassen kann, als ob es in den 60ern aufgenommen worden wäre, was in sich schon ein bißchen ironisch ist.
Woher stammt der Name Boards of Canada ?
MS: Es gibt eine Behörde in Camda, die " The National Filmboard of CanadaÒ heißt. Sie produzieren Natur- und Tierfilme bzw. politische Dokumentarfilme, die sich hauptsächlich mit Nordamerika und Canada beschäftigen. In den 70ern waren diese Filme sehr beliebt und ihre Soundtracks haben uns sehr beeinflußt. Es waren immer sehr schön gemachte Tunes, die bestimmt von einem Acid-Casualty mit langen Haaren und sehr vielen Synthesisern komponiert worden sind. Es waren brillante Sounds und wir haben versucht, unsere Tracks in dieser Art klingen zu lassen. Da wir uns aus rechtlichen Gründen nicht National Filmboard of Canada nennen konnten, wandelten wir den Namen einfach ein wenig ab und daraus wurde Boards of Canada.
Ist das Bild auf der Skam-Platte auch aus einem dieser Filme?
MS: Dieses Bild stammt von einem Film, den ein Freund von mir gemacht hat. Wir haben ja eine kleine Firma namens Music70 und die produziert auch Super-8 und Videofilme, wovon viele recht experimentell sind. Ich selbst mache auch einige dieser Filmarbeiten und wir werden demnächst unseren ersten Super-8 Film in Spielfilmlänge drehen, bei dem wir auch komplett die Musik machen.
Was ist das Thema dieses Filmes?
MS: Es wird wohl ein Roadmovie sein, aber auch das in einem eher weit gefassten Begriff. Es soll ein Roadmovie in fünf Teilen sein und das ist auch schon alles, was wir im Moment wissen.
Wie kam es zu der Platte auf dem Skam-Label?
MS: Nachdem wir auf unserem eigenen Label Music70 eine erste Platte gemacht hatten, wollten wir mit Rephlex, Warp und Skam in Kontakt treten, da wir irgendwo auch Fans dieser Labels und ihrer Musik waren. Es gab nur 100 Stück dieser Platte und ich selbst habe noch 70 Stück bei mir liegen. Die anderen 30 verschickten wir an Plattenläden und diese drei Labels und nach zwei Tagen rief schon Sean Booth von Autechre an und meinte nur: "Yah, we' gonna do something together.Ò Das hat uns natürlich gefreut.
Was macht deiner Meinung nach die Qualität von Autechres Musik aus?
MS: They are doing really original rhythm-work, but they don't do jungle music. Viele machen den Fehler, daß Jungle die einzige Alternative sein soll. Bei jeder neuen Platte merkt man ihnen ihre Versessenheit für technische Details an und sie versuchen als einer der wenigen, wirklich eigenständige Musik zu machen, die man in keinerlei Genre packen kann.
Wird es auf Music70 noch mehr Releases geben und was wird man sonst von Euch in Zukunft hören können?
MS: Auf Music70 werden in Zukunft sicherlich noch Platten erscheinen, aber im Moment haben wir noch zu viele andere Projekte. Auf Skam wird eine CD im Albumformat erscheinen und ich hoffe, daß wir das in den nächsten 6 bis 8 Wochen fertigstellen können. Außerdem werden wir eine Single und dann auch ein Album für Mike Paradinas Label Planet-µ machen. Er hatte eine Copy der Twoism-EP bekommen, die etwa im Januar '96 herauskam und Material vom Sommer '95 beinhaltet. Einer der Tracks ("See ya laterÒ) war dann auch auf der B-Seite der Skam-EP. Mike hat diese Platte irgendwie in die Hand bekommen und uns dann ein paar Monate später auch daraufhin angerufen.
Klingt Euer neues Material anders als die Tracks der EP auf Skam?
MS: Wir haben uns schon weiterentwickelt. Vieles klingt wesentlich organischer und die Tracks sind auch viel durchkomponierter. Oft versuchen wir auch, daß sich der Track vom Anfang bis Ende völlig verändert und wir beschreiben das als einen 'psychadelic approach', den wir irgendwie gut finden. Wir haben auch viel Folkmusik aus den 70ern gehört wie z.B. Incredible String Band oder Jonie Mitchell, die durch ihre Instrumentenwahl wie z.B. Flöten ebenfalls sehr organisch und natürlich klingen. Diese Soundquellen haben wir verstärkt gesampelt. We processed them, destroyed them and turned them back into something very electronic. Man wird aber trotzdem merken, daß diese Einflüsse bestehen.
Wie groß ist die Gefahr, daß ein Label wie Skam durch eine gewisse Popularität an Qualität einbüßt?
MS: Ich weiß von Andy Maddocks (Labelchef) Bedenken, daß dem Label im Moment zu viel Aufmerksamkeit geschenkt wird und das zu viele Interviews und Artikel erscheinen. Er macht sich da schon Sorgen und ich stimme ihm da auch zu. Für Journalisten wie dich oder Musiker wie mich ist so ein Label wie Skam natürlich sehr attraktiv, zumal man sich vorstellen muß, wie wenig finanzielle Mittel dahinter stehen. Am besten ist es, wenn ein Label so Underground ist, daß niemand weiß, woher es kommt und wer es macht. Es liegt ja auch an den Künstlern eines Labels, alles zu versuchen, damit das Label einzigartig bleibt und etwas Besonderes darstellt.
Glaubst du, daß Eure Musik von den verschiedenen eigenen künstlerischen Interessen profitiert?
MS: Bestimmt. Persönlich würde ich mich auch gar nicht nur auf Musik konzentrieren wollen; daß liegt überhaupt nicht in meiner Natur. Viele Musiker sind auch DJs und wiederum viele aus dem Fernseh- und Filmbereich interessieren sich für Musik. Meiner Meinung nach liegt es an der doch recht billigen Hardware, die es vielen Menschen ermöglicht, eigene Platten aufzunehmen und eigene Videos zu drehen. Mit Computern kann man selbst das Artwork machen und über das Internet vertreiben.
Richard James benutzt spezielle Software, um Platten wie die Rubberjohnny zu machen. Experimentiert ihr auch mit solchen Programmen?
MS: Wir benutzen überhaupt keine Computer. Jedesmal, wenn wir versuchen, etwas mit einem PC oder Mac zu machen, haben wir einfach nur Probleme und es nervt. We like Hardware. Viel von unserem Equipment sieht so aus, als könnte es in einer großen Fabrik stehen. We like knobs. Big things with knobs and dials. Wir haben natürlich auch digitales Equipment, aber Computer gehören nicht dazu. Ich mag diese kleinen Displays auch nicht, weil man damit überhaupt nicht instinktiv arbeiten kann. Computer sind einfach dafür nicht ausgelegt, sind zu zerbrechlich und gehen viel zu schnell kaputt. We like to come into the studio and kick it about.
Worin liegen die Vorteile bei der Arbeit als Duo?
MS: Definitiv die Qualitätskontrolle. Manche Künstler, die ich jetzt hier aber nicht nennen werde, veröffentlichen einfach zu viel und oft zu durchschnittliches Material. Wenn sie einen Partner hätten, dann könnte der ihnen sagen: Ich verstehe warum du das gemacht hast, aber es ist einfach shit. So machen wir das. Eigentlich produzieren wir eine Menge Tracks, von denen ich die meisten schreibe und Marcus sagt mir dann, was er davon hält. Bevor Andere unsere Tracks hören, haben wir beide sie für gut genug befunden.
Wie sieht ein Liveset von BOC aus?
MS: Wir ändern unser Live-Setup immer wieder. Bei unseren ersten Gigs haben wir tatsächlich unser ganzes Equipment mitgenommen, was natürlich totaler Schwachsinn war. Danach haben wir dann immer weniger aufgebaut, was auch für unsere Arbeitsweise ein interessanter Aspekt war. Im Moment überlegen wir, alles auf einen einzigen Sequencer aufzubauen und da werden wir uns wohl für einen MPC2000 von Akai entscheiden. Bei einem Live-Gig kann man dann immer noch parallel zu den Drums auf einem Synthi spielen, ohne daß es unharmonisch klingt.
Über Live-Acts wird ja oft gemäkelt, weil es keinen wirklichen Standart dafür gibt. Was ist deiner Meinung nach der häufigste Fehler von Live-Acts?
MS: Oft wird etwas völlig anderes gespielt, als es von den Platten her bekannt ist. Ich war immer sehr enttäuscht, wenn eine Band beim Live-Gig etwas ganz anderes spielte. Manche sagen zwar, daß man auf einer Bühne etwas Einzigartiges schaffen sollte, aber ich persönlich bin da anderer Meinung. Manche versteifen sich auch nur auf Rhythmik und vergessen jede Form von Melodie, was ich dann auch eher schade finde.
Dave Being ist auch aus Edinburgh. Kennt ihr euch eigentlich?
MS: Nein, leider nicht und wir sind das auch schon öfter gefragt worden. Wir müssen ihn wohl anrufen. Wir wohnen auch nicht direkt in Edinburgh, sondern etwas außerhalb auf dem Lande. Ich könnte auch nicht sagen, daß wir zu irgendeiner Szene gehören.
Das fällt den meisten Künstlern aber auch erst dann auf, wenn in der Presse über die Szene einer bestimmten Stadt geschrieben wird und mal wieder versucht wird, einen "Sound of..." zu kreieren.
MS: Da hast du wohl recht. Sicherlich würde es uns eher auffallen, wenn wir eine Zeit lang nicht mehr in Edinburgh wohnen und arbeiten würden. Von Manchester kann man schon behaupten, daß dort viele Musiker gleiche oder sehr ähnliche Elemente in ihrer Musik benutzen. Wir selber sind dennoch eher Einzelgänger.
Wenn eure Musik an einem öffentlichen Platz gespielt werden sollte, welcher wäre das dann?
MS: Das ist eine schwierige Frage. Ich glaube, ich würde mir wohl ein offenes Feld aussuchen. Unsere Musik ist eher Daytime-Music im Gegensatz zu Nighttime-Music. Wenn wir uns ausuchen könnten, von wem und wo unsere Musik gehört wird, dann wäre es wohl von gut angetrunkenen Menschen an einem sonnigen Tag irgendwo im Freien. That's the situation when I'am writing stuff.
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