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(new interview: Spirit, Logic & Mathematics)
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Revision as of 19:27, 20 March 2017


title Spirit, Logic & Mathematics
author Hendrik Lakeberg
publication De:Bug
date October 2015
issue 93
pages




"Spirit, Logic & Mathematics" is a October 2015 interview by Hendrik Lakeberg It originally appeared in De:Bug magazine #93..


Original text

Die mysterösen Superstars der Elektronika haben wieder ein Album gemacht. Drei Jahre haben die beiden Schotten dafür gebraucht. “Zurück zu den Anfängen” war ihre Premisse. Warum alle so aufgeregt sind, verstehen sie am aller wenigsten.


Rückwärts wird’s auch nicht besser


Seit 1990 findet im Norden Schottlands in der Nähe des Boards-of-Canada-Studios einmal jährlich eine Outdoor-Party statt. Vor der imposanten Naturkulisse Schottlands und verstreut brennenden Lagerfeuern lauschen die Besucher rückwärtslaufenden Sprachcollagen, verfremdeter Filmmusik und starren auf flimmernde Leinwände, beschienen von kruden Film-Obskuritäten. Unter dem Namen Hexagon Sun kollaborierten die Zeremonienmeister der Veranstaltung Mike Sandison und Marcus Eoin regelmäßig mit befreundeten Musikern. Wabernder Elektronika-Prog weht über einen Strand irgendwo im nördlichen Schottland. In der Nacht des ersten Festivals leuchtete der Mond blutrot und der Name dieses nebligen Gatherings war geboren: Red moon nights. Vielleicht waren diese Abende die Geburtsstunde der Boards of Canada, wie wir sie heute kennen. Alles scheint dagewesen zu sein: die Faszination für Natur, dieses düstere, esoterisch angehauchte Neo-Hippietum, die Anspielungen auf bedeutungsschwangere mathematische Konstruktionen. Keine andere Elektronika-Band hat in den letzten Jahren mehr Rätsel aufgegeben. In Internet-Foren werden ihre Platten mit pedantischer Präzision auf versteckte Hinweise untersucht, Samples rückwärts abgespielt, Zahlenfolgen gedeutet. So finden sich auf der EP “A Beautiful Place In The Country” im Artwork der Platte beispielsweise Hinweise auf den Kollektiven Selbstmord der Davidianer-Sekte im texanischen Waco. Und auf ihrem vorletzten Album “Geogaddi” soll man in einem rückwärtslaufenden Sprachsample den Satz “A God with Horns” hören können. “The Devil Is In The Details” nennt sich ein Track auf “Geogaddi”. Bei den Interpretationen handelt es sich also nicht nur um Phantasmagorien obsessiv veranlagter Fans. Boards of Canada selber sind nicht ganz unschuldig an den Mysterien und Verklärungen, die sich um sie ranken. Doch die Zeiten scheinen sich geändert zu haben. Durch “Campfire Headphase”, die neue BOC-Platte, weht im Gegensatz zum düster vernebelten Surrealismus von “Geogaddi” der illuminierende Wind der Aufklärung. Die Tracks sind strukturell glasklar, die Beats rumpeln präzise abgezirkelt vor sich hin. Darüber schweben diese typischen BOC-Flächen, wie pastellige Farben, die langsam ineinander laufen, sich vermischen und vorsichtig gerinnen. Vielleicht ist “Campfire Headphase” die Abendröte der Elektronika. Zeitlos schön und gerade deshalb so zeitgemäß. Fast wie ein klassisches Lehrstück, eine Essenz. Und für BOC die logische Konsequenz ihrer bisherigen Arbeit. Natürlich ist auch “Campfire Headphase” durchsetzt mit Anspielungen, Konzepten, Rätseln. Das Bild, dass sich aus der Musik herauslesen lässt, rückt eine andere Seite ins Licht: Marcus Eoin und Mike Sanderson ging es niemals allein darum, in opake, mystische Welten herabzuführen, sondern eher darum, das Seltsame, schwer Verstehbare der Welt in Musik umzusetzen. Rätsel aufzugeben, die danach verlangen, enträtselt zu werden. Eine epische Inszenierung fundamentaler Konflikte auszubreiten: Magie vs. Logik, Spiritualität vs. Vernunft.


Wie fühlt sich das für euch an, eine Platte draußen zu haben? Ist das nicht immer hart, so einen Schnitt zu machen, die Musik in der Öffentlichkeit zu exponieren und die Reaktionen abzuwarten? Wir sind mit der neuen Platte sehr glücklich. Es ist schon manchmal schwer, diesen Punkt abzupassen, an dem man sagt: “OK, das ist jetzt fertig”, und ab und zu müssen wir uns richtig dazu zwingen, einen Track gehen zu lassen. Bei dieser Platte war es aber eigentlich so, dass wir den Sound, den wir erreichen wollten, auch fast genauso hinbekommen haben. Grundsätzlich interessieren uns die Reviews und der ganze Internet-Chat über unsere Musik nicht wirklich. Wir versuchen immer einfach nur unseren Instinkten zu folgen.


“The Campfire Headphase” klingt schnörkelloser als “Geogaddi”. Gab es Unterschiede im Produktionsprozess, in eurem Zugang zur Musik?


Ja. In gewisser Weise wollten wir unsere Musik vereinfachen. Das war aber im Vergleich zu den anderen Platten sehr zeitaufwendig. Klingt komisch: mehr Zeit für einen reduzierten Sound. War aber so. Unser Zugang zur Musik verändert sich eigentlich ständig und von Platte zu Platte. Unsere Ideen und Themen ändern sich, die Musik, die wir hören … Diesmal wollten wir zurückkehren zu einem simplen Sound, zu destillierten Melodien. Die Tracks sind aber gleichzeitig immer noch sehr dicht im Hinblick auf die Arrangements.


Ihr arbeitet jetzt seit fast 20 Jahren zusammen. Gab es bei eurer Kollaboration eine Zeit, in der ihr euch in einer Sackgasse gefĂĽhlt habt?


Nein, eigentlich nicht. Wir haben eher das Gefühl, nicht genug Zeit zu haben, alles das zu machen, was wir gerne machen würden. Unsere Musik ändert sich von Platte zu Platte, bleibt aber im Kern ganz klar “Boards of Canada”. Wir lassen immer ein anders farbiges Licht durch unsere Musik scheinen. Außerdem interessieren wir uns beide für ähnliche Dinge, ähnliche Filme, ähnliche Musik, Kunst und Literatur. Uns gehen irgendwie nie die Ideen aus. Wir planen jetzt schon unser nächstes Projekt.


Gab es für euch einen musikalischen Moment, von dem ihr dachtet, das ist jetzt perfekt, das könnte für immer so weitergehen?


Ja, das passiert sogar sehr oft. Speziell bei den extrem minimalen Tracks, bei einer verloren klingenden, isolierten Melodie oder sich wiederholenden Phrasen. Auf diesem Album ist das bei dem letzten Track “Farewell Fire” so. Wir hätten der Musik für immer zuhören können, also haben wir den Track am Ende der Platte ganz langsam ausgefaded, so langsam, dass der Track die letzten zwei Minuten kaum noch zu hören ist, die Musik aber weiter ganz leise vor sich hinkreist.


Spielen die Zuhörer irgendeine Rolle für euch? Das ist eine schwierige Frage, weil wir uns auf der einen Seite immer vorstellen, dass niemand unsere Musik hört, um die Musik möglichst direkt und unmittelbar aus uns selber heraus zu produzieren. Aber da draußen gibt es natürlich viele Leute, die sich sehr intensiv alles anhören, was wir machen. Also spielen wir ein wenig damit. Eines unserer Hauptziele ist es, ganz tief sitzende Gefühle beim Hörer anzusprechen … persönliche, emotionale Bindungen oder eine verblasste Erinnerung an jemanden oder etwas, das verloren ist.


Woher kommt eure Faszination für “heidnische” Religionen und Natur? Den Track “Atarochronon” könnte man vielleicht in diesem Kontext sehen.


Ataronchronon handelt eher von der Zersplitterung eines vertrieben Indianerstamms, es handelt von geschichtlicher Tragik und Ungerechtigkeit. Wir sind zwar an Religion interessiert, selber aber nicht religiös. Unser Interesse sowohl an der Spiritualität als auch an der Natur, an Geometrie und Mathematik, an der Erhabenheit der Wahrnehmung des Ganzen hängt damit zusammen, dass wir verstehen wollen, welche Werte und Muster unser Gehirn auf die Welt projiziert. Vielleicht können aber auch das Spirituelle, die Wissenschaft, Logik und Mathematik nebeneinander stehen. Die Dinge scheinen manchmal nicht allein wissenschaftlich erklärt werden zu können. Wenn man eine schöne Melodie hört, sich in jemanden verliebt, was auch immer …


Auf der “A Beautiful Place In The Country”-EP spielt ihr auf das Waco-Massaker an. Dort hat eine Sekte einen kollektiven Selbstmord begangen. Wie fügt sich das ein?


Das Interesse an Religion kommt aus unserem Respekt und der Liebe für die Perfektion, die man überall auf diesem Planeten sieht. Aber in evolutionärer Hinsicht haben Menschen schlicht und einfach nicht den Intellekt, um wirklich zu verstehen, was vor sich geht. Es reduziert sich also auf einen Krieg zwischen Logik und Spiritualität, wie eben in Waco.


Wie steht ihr zu den ganzen Interpretationen, die ĂĽber eure Platten kursieren?


Das erstaunt uns manchmal schon, dass die Leute ganz kleine Details in unserer Musik wahrnehmen, von denen wir gedacht haben, dass sie die niemals bemerken würden. Auf der anderen Seite werden aber auch einfach Dinge erfunden, die so nicht da sind. Deshalb wird es manchmal tatsächlich einfach nur absurd.


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